Erinnerungen von Hermann-Josef Müller und Karl Peffer

Als Karl Peffer und Hermann-Josef Müller dem Lobbericher Gesellenverein und damit der heutigen Kolpingsfamilie beitraten, war die Welt noch eine andere, eine ganz andere. Bundeskanzler war „der Alte“ – Konrad Adenauer – das Amt des Bundespräsidenten bekleidete Theodor Heuß. Selbst von der Stadt Nettetal war noch keine Rede.

Wenn also das Wort „Urgestein“ in Zusammenhang mit unserer Kolpingsfamilie gebraucht wird, könnte es für diese beiden Männer (zugegeben nicht nur für sie) erfunden worden sein. Fast 64 Jahren sind sie Mitglied der Familie. Klar, sie haben viel erlebt und was noch schöner ist: Sie können davon erzählen. Was sie für unsere Festschrift getan haben.

Der Blick in eine ganz andere Zeit

„Das funktionierte alles noch anders“, erinnert sich Hermann-Josef Müller. „Man trat dem Gesellenverein bei, war dann später Senior.“ Obligatorisch seinerzeit: Alle, die Mitglied werden wollten, mussten eine einjährige Probezeit überstehen. Und nicht nur das: Wollte jemand Leiter werden, musste er eine zehntägige Schulung absolvieren. „Die fand in Kerpen statt, dem Geburtsort von Adolph Kolping“, sagt Hermann-Josef, den die meisten Mitglieder nur „Jupp“ nennen. „Erst dann konnte man gewählt werden. Er wurde später gewählt und führte die Ortsgruppe über 40 Jahre lang.
„Für mich war der Gesellenverein immer so etwas wie eine Heimat“, sagt Karl Peffer. Als er in jungen Jahren einen Montage-Job in Köln antrat, habe er selbstverständlich in einem dortigen Gesellenhaus übernachtet und gelebt. Was genau ein Grund für die Einrichtung dieser Häuser war: Wandernde Gesellen sollten dort eine befristete Heimat finden. Die Anzahl derjenigen, die auf diese traditionelle Art unterwegs waren, ging gegen Ende der 50er bis in die 60er Jahre hinein stark zurück, die Gesellenhäuser mussten sich weiterentwickeln.
Zurück in die frühen 50er Jahre. Wer Mitglied war, musste sich blicken lassen. „Montags war ein Pflichttermin bei einem Vortrag. An diesem Tag ging es immer um ein religiöses Thema“, sagt Hermann-Josef. Aber auch die anderen Vorträge seien sehr gut besucht gewesen. „30 bis 40 Leute waren immer da“, schätzt Karl rückblickend. Dabei bot der Verein auch ganz praktische Lebenshilfe. Sonntags gab’s Veranstaltungen, in denen die Schullektüre vertieft oder erweitert wurde. Freimütig räumt Jupp ein, dass er davon profitiert habe. Später stieß die Volkshochschule just in diese Lücke, ein weiteres Feld lag mehr und mehr brach.

Ein legendärer Präses und eine Gruppe auf Tour

Das Leben innerhalb der Gemeinschaft sei immer stark abhängig gewesen von der Person des Präses. Einer der ersten, den die beiden kennenlernten, war Hans van de Weyer. „Ein regelrechtes Beschaffungs- und Nachschubgenie“, erinnert sich Hermann-Josef. Und Karl ergänzt: „Er hat mir die Stelle in Köln besorgt.“ Und dann gab’s den legendären Ausflug nach Belgien. Man traf sich am Flothend, von dort aus ging es mit den Rädern nach Aachen, dann weiter mit dem Zug nach Belgien. Und das mit Hindernissen: „An der Grenze hätten wir Steuer für unsere Räder zahlen müssen. Am Wochenende war aber niemand da, bei dem wir hätten bezahlen können“, sagt Karl. Also übernachtete die ganze Gruppe in einem nahgelegenen Kloster.
Wobei die Bezeichnung „übernachten“ relativ ist. Während der Präses seine Schützlinge in den Schlafkabinen mit Vorhang wähnte, versuchten die, an die Schnur zu kommen, die über die schmale Gasse zum benachbarten Bauernhaus hin gespannt war. Da hingen nämlich Würste dran. Der Erfolg der Bemühungen war bescheiden: „Eine haben wir – glaube ich – angeln können“, sagt Hermann-Josef.

Vom Feuerteufel und von guten Sängern

Kurios, um nicht zu sagen mysteriös, ist eine Sache, die sich wenig später ereignete. Die Gruppe kampierte im Garten eines Pastors. Und hatte plötzlich damit zu tun, dass es immer wieder brannte. Dieses Phänomen kannten die Gesellen aus Lobberich, wo seit geraumer Zeit ein Feuerteufel vermutet wurde. Hatte man diesen jetzt etwa mitgenommen? War er Mitglied der Gruppe? Offensichtlich ja. Aber auch nach so langer Zeit schweigen Karl und Hermann-Josef. Mehr wollen sie zu diesem Thema partout nicht sagen.
Lebendig sind dagegen die Schilderungen von der Tour. „Wir hatten gute Sänger dabei“, erinnert sich Karl. Was zum Beispiel in einer Kneipe in Oostende bewiesen wurde. Und weil’s so viel Applaus gab, ließen die Lobbericher den Hut kreisen. Der sich mit den Spenden der Kneipenbesucher gut füllte. Damit hatten die Gesellen deutlich mehr in der Tasche, als das schmale Taschengeld, das ihnen Präses van den Weyer zugestand. Der wiederum wunderte sich. Als die Gruppe auf dem Rückweg auf eine Kirmes ging, konnten sich deren Mitglieder alle möglichen Vergnügen leisten.
An anderer Stelle schlug sich dann doch nieder, dass auch junge Leute müde werden. „Während ich die Epistel lesen musste, schliefen die anderen“, sagt Karl und lacht. „Der Pastor merkte das ja nicht, weil er zu dieser Zeit noch mit dem Rücken zur Gemeinde stand.“

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